Der Wellensittich ist ein in der Wildform circa 17 Zentimeter großer, grün-gelber Papageienvogel, der in seiner Heimat Australien in sehr großen Schwärmen mit mehreren Tausend Tieren lebt und ein nomadisches Leben führt. Seine Nahrung besteht zum Großteil aus verschiedenen Sämereien, vorzugsweise Hirse. Ergänzend vertilgt dieser Vogel auch diverse Früchte und während der Brut teilweise animalische Kost, also Insekten. Pro Gelege werden etwa vier bis acht weißschalige Eier, jeweils im Abstand von zwei Tagen gelegt, und von Anfang an von der Henne bebrütet, bis nach 18 bis 21 Tagen die Jungen schlüpfen, welche ganz in Nesthocker-Manier bei der Geburt vollkommen blind und taub sind. Die Küken, die ebenfalls im 2-Tages-Rhythmus schlüpfen, sind mit rund vier bis fünf Wochen flügge und eine Woche später selbstständig. Da die Zeit der Brut in der Wildnis nur begrenzt ist, kommt es beim Wellensittich auch in Gefangenschaft oft zur sogenannten Schachtelbrut, das heißt die Henne beginnt mit dem Legen der neuen Eier, während die vorherigen Küken noch im Nest sitzen, wodurch das Vogelpärchen mehrere Bruten in kurzer Zeit vollenden kann. Wellensittiche sind wie alle Papageien reine Höhlenbrüter, die in Gefangenschaft einen geschlossenen Nistkasten benötigen, der lediglich ein Einflugloch mit etwa 5cm Durchmesser besitzt.

Bereits wenige Jahre, nachdem der Naturforscher John Gould 1840 die ersten lebenden Exemplare des Wellensittichs, melospittacus undulatus, aus Australien nach England importiert hatte, erfreuten sich diese kleinen quirligen Vögel in ganz Europa größter Beliebtheit. Das schnell erkannte zutrauliche Wesen dieses Vogels und vor Allem seine leichte Züchtbarkeit machten ihn binnen kürzester Zeit zum beliebtesten und häufigsten Stubenvogel überhaupt. Er übertraf sogar den bisherigen Spitzenreiter, den Kanarienvogel. Bis zum Exportverbot australischer Vögel 1894 wurden die Wellensittiche zu Millionen im australischen Outback gefangen und nach Europa verkauft. Zu jener Zeit waren Wellensittiche in beinahe allen europäischen Zoos vertreten und konnten auch bald problemlos gezüchtet werden. In den 1880er Jahren existierten vor Allem in Frankreich einige Großzüchtereien, durch die die Nachfrage an Wellensittichen nahezu gedeckt werden konnte.

Es dauerte auch nicht lange, bis im Jahre 1872 die erste Farbmutation in Belgien auftauchte: der Gelbe (heute „Aufgehellter der Grünreihe“) (Vins, 1993, S. 31). In den mittlerweile mehr als 170 Jahren der Wellensittichhaltung sind selbstverständlich viele weitere Mutationen aufgetaucht. Durch die große Anzahl an Grundfarben, Farbtiefen, Zeichnungen, Scheckungen und sogar Haubenformen ergeben sich weit über 10000 verschiedene Kombinationsmöglichkeiten der Farbschläge.

Aufgrund der leichten Züchtbarkeit und den vergleichsweise anspruchslosen Haltungsanforderungen beschäftigen sich heute zahlreiche Vogelzüchter mit dieser Art. Allerdings ist die Bandbreite an Farbmutationen bei Wellensittichen zu umfangreich, um sich als einzelner Züchter mit jedem existierenden Farbschlag beschäftigen zu können. Dadurch entwickelten sich spezialisierte Expertenzüchter, die ein bestimmtes Zuchtziel anvisieren. Darüber hinaus wird bei Wellensittichen nicht nur zwischen den Farbmutationen unterschieden, sondern es werden auch bestimmte Rassemerkmale gezielt herausgezüchtet. 

 

Quelle: "Verwendung von Ingwer als Aphrodisiakum in der Zucht von Wellensittichen" - M. Brauns, 2014

Nach oben