Wildtyp:

Der Wildvogel, wie er in Australien vorkommt, ist von Kopf bis Schwanzende etwa 16 bis 18 Zentimeter lang, hat am Rand der Maske sechs schwarze, stecknadelkopfgroße Kehltupfen, eine flache Stirn und einen sittichtypischen Körper, der durch seine Aerodynamik perfekt dazu geschaffen ist, im Flug wendige Manöver auszuführen. Die Körperfarbe ist beim Wildvogel strahlend hellgrün, die Flügel und die Kopfregion sind butterblumengelb und die Wellenzeichnung tiefschwarz. Alles in Allem ist der ursprüngliche Wellensittich ein prächtiger kleiner Vogel, der seinerzeit zu Recht viele Fans gefunden hat.

Doch schon bald war der Wellensittich nicht mehr hübsch genug. Mit dem Beginn der privaten Wellensittichzucht in Europa, vor Allem in Großbritannien, begannen die Züchter, ihre Vögel nach einem bestimmten System zu verpaaren und dadurch Körperbau und Farbe gezielt zu beeinflussen und zu verändern. Auch traten bald Farbmutationen auf, welche natürlich sofort äußerst beliebt waren und vermehrt wurden. So gibt es heute den ursprünglichen Wellensittich in europäischer Gefangenschaft de facto nicht, beziehungsweise kaum mehr. Bei den domestizierten Vögeln sind verschiedene Rassen und Zuchtformen entstanden, die sich extrem voneinander unterscheiden. Diese Unterschiede werden hier kurz vorgestellt.

Farbenwellensittiche:

Vom Körperbau sind die kleinen zierlichen Wellis, unter Züchtern auch oft als „Hansis“ oder „Hansi-Bubis“ bezeichnet, in etwa mit dem Wildvogel zu vergleichen. Das Schauideal schreibt eine Körperlänge von Kopf bis Schwanzende von 17 bis 18 Zentimetern vor. Auch der flache Kopf, sowie die sechs kleinen Kehltupfen sind mit den entsprechenden Merkmalen des Wildtyps gleichzusetzen. Es wird bei der Bewertung ebenfalls eine deutliche Abstufung zwischen Körper- und Kopfregion durch einen „Flaschenhals“ vorgeschrieben. Die Augen sollen von vorne betrachtet beide zu sehen sein. Dieses Merkmal, die sogenannten „Mausaugen“, ist wiederum nur durch einen möglichst flachen Kopf zu erreichen. Neben dem naturgetreuen Körperbau wird bei den Farbenwellensittichen besonderer Wert auf eine reine Farbe und Zeichnung gelegt, wie in der entsprechenden Musterbeschreibung festgelegt.

Heute setzen viele Züchter ihre „Hansis“ nicht mehr paarweise zur Zucht an, sondern sind wieder dazu übergegangen, wie zu Beginn der WS-Zucht Koloniebrut zu betreiben, wobei mehrere Paare gemeinsam in einer großen Voliere gehalten werden. Der „kleine Welli“ ist auch dafür bekannt sehr agil und temperamentvoll zu sein.

Standardwellensittiche:

Die „Schauwellensittiche“, oder „Standards“, stellen das komplette Gegenteil zu den kleinen Hansis dar. Die gezielte Schauvogelzucht hat zu Beginn der Wellensittich-Domestikation in England begonnen, weshalb diese Zuchtform auch heute noch als „Englischer Wellensittich“ bezeichnet wird. Mit dem Typ der Wildform hat dieser Vogel so gut wie nichts mehr gemeinsam. Bei einer Länge von mindestens 21,6 Zentimetern (maximal 24,5 cm), soll der Schau-WS trotzdem ein harmonisches Aussehen zeigen. Es darf im Gegensatz zu den Hansis kein Flaschenhals vorhanden sein, sondern der Nacken soll in harmonischer Linie mit dem Kopf, der Wirbelsäule und den Schwanzfedern ausgeprägt sein. Die Stirn soll möglichst hoch und weit vorgewölbt sein. Dadurch sind die Augen von vorne betrachtet nicht sichtbar. Die Kehltupfen sollen möglichst groß und rund sein.

An dieser Stelle könnten jegliche Schaumerkmale des Standard-Wellensittichs aufgelistet und näher ausgeführt werden, was aber den Rahmen sprengen würde. Abgesehen von den schwierig zu erreichenden Körpermerkmalen, fließen auch Farbe und Zeichnung in die Bewertung mit ein. Die Bezeichnung „Farbenwellensittich“ lässt bei Laien oft den Trugschluss zu, dass die zahlreichen prächtigen Farbmutationen nur bei den kleinen Hansis existieren, jedoch kommen sie bei den Schauvögeln genauso häufig und intensiv vor.

Nicht nur bei Züchtern, die in der Zucht dieser Rasse und der Teilnahme an Ausstellungen eine besondere Herausforderung sehen, sondern auch bei so manchem Privathalter, sind Standard-WS durch ihr ruhiges Wesen beliebt. Diese Gemütsruhe wurde automatisch mit der Körpergröße angezüchtet. Auf die Zucht wirkt sich dieser Umstand jedoch manchmal eher nachteilig aus. Durch die notwendige Kontrolle der Verpaarungen kann eine erfolgreiche Schauwellensittichzucht auf keinen Fall als Koloniezucht ausgeübt werden.

Halbstandard / Hybride:

Logischerweise existieren auch Mischformen aus beiden Zuchtformen. Diese weisen dann Merkmale beider Schauideale auf, jedoch so schlecht ausgeprägt, dass sie auf einer Ausstellung keine Chance gegen die reinrassigen Tiere hätten und meist sogar disqualifiziert werden würden. In ihrem Verhalten und ihrer Züchtbarkeit sind Hybride eher mit den kleinen Hansis als den Standards gleichzusetzen. 

Vergleich Farbenwellensittich / Schauwellensittich

 

Quelle: "Verwendung von Ingwer als Aphrodisiakum in der Zucht von Wellensittichen" - M. Brauns, 2014

http://www.standardwellensittichzucht-lenk.de/artikel0.html

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